Treffen mit Vertretern der Wohlfahrtsverbände

HERSBRUCK (ko) – Die Betreuung von Menschen mit Behinderung verlangt Kompetenz, Engagement, Kreativität, einfühlsames individuelles Vorgehen – und damit auch Geld. Den Dienst leisten Menschen vor Ort, das Geld kommt zum größten Teil vom Staat und damit von den Steuerzahlern. Eine wichtige Entscheidungsstelle ist für das Gebiet der Metropolregion Nürnberg der Bezirkstag von Mittelfranken. Kurz vor der Sozialausschusssitzung des Bezirk, in der es um den möglichst zweckmäßigen Einsatz der begrenzten Mittel geht, trafen sich der Bezirkstagspräsident und Mitglieder der CSU-Fraktion mit Vertretern der Spitzenverbände der Wohlfahrtsverbände des Landkreises Nürnberger Land im Sebastian-Fackelmann-Haus in Hersbruck.

Der Gedankenaustausch, der voriges Jahr erstmals bei der Lebenshilfe in Schönberg stattgefunden hatte, sei ein wichtiger und richtiger Weg für eine kompetente Sozialpolitik, meinten Michael Groß (Geschäftsführer des Caritasverbandes Nürnberger Land und damit Hausherr für das Treffen), Norbert Dünkel (Bezirksrat und Geschäftsführer der Lebenshilfe Nürnberger Land) und der CSU-Fraktionsvorsitzende im Bezirk Ernst Schuster.
Drei Themen dominierten. Das erste: „Umgang mit den Tarifsteigerungen“. Hier herrschte Einigkeit, dass Lohnerhöhungen nicht zu Personalkürzungen führen dürfen. Hinter den Zahlen stehe eine umfassende, verantwortungsvolle Aufgabenerfüllung, meint CSU-Bezirksrat Norbert Dünkel eingangs. Die Vorgabe, dass hier für solche Sozialaufgaben nicht mehr Geld ausgegeben werden solle als im Durchschnitt der anderen Metropolregionen, werde aber wohl noch zu Hintergrundbetrachtungen und Diskussionen führen.

Das zweite Thema „Entwicklung von Tagesstrukturen für Erwachsene nach dem Erwerbsleben“ hört sich einfach an, birgt aber große Herausforderungen. In ganz Deutschland kommen jetzt Menschen mit Behinderung ins Rentenalter. Menschen, die bisher in ihrem Lebensalltag durch Fördereinrichtungen intensiv begleitet wurden, können im Alter nicht plötzlich allein gelassen werden.

„Es muss und wird Betreuungsformen geben, die der körperlichen und geistigen Entwicklung dieser Menschen gerecht werden. Dazu werden Räumlichkeiten und Personal benötigt“, betont Bezirkstagspräsident Bartsch. Auf Übergangslösungen müssen professionelle Einrichtungen folgen, befanden auch die Sprecher der Wohlfahrtsverbände. Das erfordere klare, praxistaugliche Konzepte. Dies sei ein wichtiges, drängendes Thema, das nicht durch Kostenfragen blockiert werden dürfe.

Dritter Diskussionspunkt: „Ambulantisierung“. Hier sieht der Bezirk Entwicklungschancen für den Einzelnen zu mehr Selbständigkeit aber auch zu Kosteneinsparungen, wenn Menschen aus Heimen in eine relativ große Eigenständigkeit entlassen werden. Das freier gestaltbare Leben in eigenen Wohnräumen klappt nach entsprechender Vorbereitung durch Fachpersonal recht gut. Viele Menschen brauchen jedoch dauerhaft ambulante Betreuung durch pädagogisches Personal um mit der erhöhten Eigenverantwortung klarkommen zu können, so Volker Deeg vom Wichernhaus in Altdorf.

Auch hier sieht Bezirkstagspräsident Richard Bartsch eine große Herausforderung für den Staat und damit auch für die Politik. Der Schritt von Menschen mit Betreuungsbedarf in eine weitreichende Eigenständigkeit muss kompetent begleitet werden. Da ist sie schon wieder: die Frage nach dem verfügbaren Geld für solche anspruchsvolle Aufgaben.
Bei dem Treffen zeigten die Vertreter von Politik und Sozialverbänden viel gegenseitiges Verständnis für die jeweiligen Bedürfnisse und Zwänge. Die Entscheidung, welche Mittel für welche Aufgaben in welchem Umfang fließen, werden im Bezirkstag getroffen. Die Argumente, die in Hersbruck ausgesprochen wurden, sollen Berücksichtigung finden. Kommende Woche muß der Bezirkstagspräsident erst einmal vor den Oberbürgermeistern und Landräten in Mittelfranken Rede und Antwort stehen wie hoch die Ausgaben im Sozialwesen der Region gestiegen sind.